Donnerstag, 7. Februar 2013

Das Leben auf dem Lande Was macht es eigentlich aus, das Leben auf dem Lande? Und warum fasziniert es moderne Menschen so sehr? Tagtäglich bemüht sich eine nahezu stündlich wachsende Schar von Büchern, Artikeln, Blogs, TV-Sendungen und Zeitschriften (wie Landlust, Landliebe, Landleben, Landküche, Landliebe etc.) auf diese Fragen eine Antwort zu liefern. Sie zeigen uns Hochglanzfotos und schöne Artikel oder reizende Geschichten von Menschen und Tieren und über das Leben auf dem Lande im Allgemeinen. Aber das ist nur eine Seite der Medaille, denn eigentlich zeigen all diese Publikationen oder Medien nur etwas, das wir in unserem technisierten und naturfernen Alltag schmerzlich vermissen, etwas Unverfälschtes und Echtes. Etwas, das uns zeigt, wie weit wir uns von unseren Ursprüngen entfernt haben, von den Dingen die das Landleben auszeichnen. Es sind die einfachen Dinge und die Klarheit und auch die Nachhaltigkeit der Dinge die man tut, die das Leben auf dem Lande für den stadt- und zivilisationsmüden Menschen so faszinierend machen. Die Nähe zur Natur, zu den Tieren, die ursprüngliche Gewinnung von Nahrung und Landbau (Korn, Gemüse, Obst, Eier und eventuell sogar Fleisch oder Milch) und die Nähe zu Jahreszeiten, Wetter und den Alltäglichkeiten der Natur. Das Landleben zeichnet sich aus, durch das unmittelbare Erleben von Wetter und Natur und Jahreszeiten. Man hat im Sommer plötzlich viel zuviele Johannisbeeren und muss tagelang einmachen oder einfrieren. Aber wenn man Lust hat, Salat zu ernten, dann ist das kein Problem, man geht in den Garten und erntet und die Kräuter gleich dazu. Einfach schön! Wir leben heute sehr nah an der Natur und empfinden es als Vorteil, aber das war nicht immer und nicht bei allen Mitgliedern der Familie so... Als meine Eltern 1977 das Alte Forstamt erwarben, war Ihr Ziel für die Familie ein Haus auf dem Land zu finden wo man ein naturverbundenes Leben führen, einen Garten anlegen und sich selbst mit eigenem Gemüse und Obst vesorgen kann Ausserdem suchten wir einen Platz für das Antiquariat meiner Mutter. Auch durfte das Haus nicht allzuweit von Paderborn entfernt sein, da unser Vater dort arbeitete. Wir Kinder fanden es zunächst nicht lustig von einer Kleinstadt (Bad Driburg) in der Nähe aufs „Platte Land“ zu ziehen. Auch das alte Haus fand nicht unsere völlige Zustimmung, wir fanden es stressig, dass es nicht zentralgeheizt war (und immer noch ist) und wir gezwungen waren im Winter in unseren Zimmern einen Kachelofen zu heizen. Holz holen aus dem Holzschuppen fanden wir auch nicht allzu ertrebenswert. Und die Lage des Hauses ausserhalb des Dorfes hatte die Konsequenz, dass wir morgens bei jedem Wetter mit dem Bus zur Schule fahren mussten. Und wenn wir uns mit unseren Freunden treffen wollten, bedeutete dies eine viel längere Anreise und gegebenenfalls musste man die Eltern überzeugen einen hinzufahren und wieder abzuholen. Zunächst also hatte das Landleben für uns Kinder nur Nachteile, aber nach kurzer Zeit änderte sich das..plötzlich konnte ich ein kleines Pony halten und mein Bruder hielt einen Hund und wir fanden es auf dem Land nicht mehr so schlecht. Und das Thema Freunde besuchen war kein Problem mehr, weil die es bei uns viel schöner fanden und gern vorbeikamen. Wir arrangierten uns mit dem Thema Fahrzeit zur nächsten Stadt oder ins Dorf, bekamen ein Fahrrad und wir waren zufrieden. Nach einigen Jahren machten wir dann den Führerschein und es war überhaupt kein Thema mehr, dass wir ausserhalb wohnten. Heute empfinde ich es als Glück auf dem Lande wohnen zu dürfen.allerdings mit ein paar Nachteilen. Noch immer ist der Winter auf dem Lande anders als in der Stadt, hier werden die Strassen, wenn überhaupt erst später geräumt und es kann ein Abenteuer sein, um 7.00 Uhr in die Stadt zu fahren. Das Leben auf dem Land erfordert halt immer noch ein wenig mehr Organisation, als das Leben in der Stadt. Man muss mehr uns besser organisieren. Einkaufen macht man nach der Arbeit auf der Heimfahrt und alle anderen Besorgungen auch. Aber positiv am Leben auf dem Land ist, dass es mittlerweile auf dem Lande an Kulturellen Möglichkeiten und Möglichkeiten etwas zu unternehmen keinen Mangel mehr gibt.. im Sommer findet das literarische Festival „Wege-durch-das-Land“ auf Burgen und Schlössern und Mühlen und Forsthäusern statt und im Winter gibt es allerorten Lesungen, Konzerte und interessante Veranstaltungen die den Besuch lohnen. Und wenn jemand in der Familie krank ist, gibt es in unserem Dorf eine hervorragende Allgemeinmedizinerin. Wir haben hier zwei Apotheken, einen Optiker, einen Zahnarzt, besagte Allgemeinmedizinerin, eine Gärtnerei, einen Blumenladen, 3 Einkaufsmärkte, Getränkemärkte, Kneipen, Cafes, eine grosse Halle, ein aktives Vereinsleben und last but not least einen grossen Bahnhof usw..es ist alles da..was man so braucht.. Aber der eigentliche Vorteil des Landlebens liegt woanders. Für mich liegt die Faszination des Landlebens in der engen Verbindung der Menschen mit der sie umgebenenden Natur und den Tieren. Wir erleben diese Verbindung ganz unmittelbar – wir haben auf der einen Seite die Nähe zum Wald und dessen Bewohnern, so kommt es vor, dass sich ein Reh auf den Hof verirrt, oder der Fuchs schaut auf der Wiese vorbei. Ausserdem halten wir Hühner, Schafe, Hund, Katzen und Tauben. Die Tiere erfordern viel Zeit und Pflege, aber man kommt zur Ruhe und es ist entspannend die Tiere zu füttern oder zum Beispiel einem Lämmchen die Flasche zu geben. Natürlich schränkt das die Freiheit ein, zuerst müssen die Tiere versorgt werden und zwar morgens und abends und erst dann kann man auf den Markt fahren oder etwas anderes unternehmen. Der Tagesablauf wird von den Bedürfnissen der Tiere bestimmt.Im Sommer kommt noch der Garten hinzu, der auch gepflegt werden will. Aber es macht viel Spass, mit den Tieren zu leben, die Tieren zu beobachten und für sie dazusein. Denn alle Tiere sind eigene Persönlichkeiten und selbst Huhn ist nicht gleich Huhn. Wir haben zum Beispiel eine rothaarige Henne, Klärchen die recht pfiffig ist. Klärchen ist sehr menschenbezogen und zahm und kommt sogar ins Haus (wenn die Haustür offen steht) um zu schauen, ob es eventuell für sie etwas zu fressen gibt. Dazu spricht Sie, sie plaudert förmlich und alle in unsere Familie wissen, wenn man diesen fröhlichen Laut hört, die skrupelose Klärchen ist im Haus. Dann rennen wir und expedieren Sie durch die Haustür wieder auf den Hof. Ehe Sie irgendwelchen Blödsinn in der Küche anstellt. Unsere Schafe geniessen die Gesellschaft Ihrer Schaffamilie – für ein Schaf gibt es nichts Schlimmeres, als allein zu sein. Eine Schafgruppe besteht zwar aus Individuen, sie empfinden sich aber als Gruppe, als Team. Die Schafe haben Ihren eigenen Tagesablauf, der besteht aus 4 Stunden fressen im Wechsel mit 4 Stunden ruhen. Die Schafe brauchen Zeit und Ruhe, um die Nahrung wiederzukäuen. Daher sieht man auf einer Wiese immer einige Tiere, die sich zum Beispiel unter einem Baum zurückziehen. Aber auch bei Schafen gibt es interessante Persönlichkeiten, bei uns ist eines dieser Schafe die Ausbrecherkönigin das Schaf „Warze* (*das Tier hat eine markante Warze auf der Nase, die Ihr das Aussehen einer Hexe gibt). Die Schafdame „Warze“ kann jede Stalltür öffnen, die nicht 100%ig geschlossen ist und Sie kennt sich gut aus mit Futtertonnen, die öffnet Sie trotz geschlossener Lasche und tut sich am Futter gütlich. Auch das ist ein Zeichen von Intelligenz und wir amüsieren uns über unsere Tiere. Dann gibt es die neugierigen Tauben die gern über den Garten schweben und dort Ausschau nach frisch in die Erde gebrachtem Saatgut halten – und sobald man den Rücken dreht, fressen Sie alle Erbsen, die man gerade gepflanzt hat. Man muss viel Humor und Geduld haben – aber auf alle Fälle sind die Tiere immer für eine Story gut. Das interessanteste am Landleben ist eigentlich auch, dass irgendwie Alles mit Allem zusammenhängt. Das wussten die Bauern schon vor Jahrhunderten, aber wir hatten das wohl zwischenzeitlich vergessen.. So zum Beispiel der schlaue Zaunkönig die an Regentagen im Stall Insekten jagt. Der Zaunkönig findet nur etwas zu fressen, wenn man eben man nicht allzusehr eingreift und eventuell Spinnenweben und die Spinnen im Stall nicht dauernd beseitigt. So lernt man schnell auf dem Lande, dass man sich jede Aktion überlegen muss und alles was man tut Auswirkungen auf die Natur hat. In meinem nächsten Blog (dem Frühjahrsblog des Alten Forstamtes im Teutoburger Wald) werde ich dann über Hund, Katzen und den Garten berichten. Wenn Ihnen mein Text gefallen hat, geben Sie mir Feedback – darüber freue ich mich sehr. Auch Fragen oder Hinweise beantworte ich gern! Ihre Kristin Wichert

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